Mikwe Erfurt, © gildehaus.reich architekten

Schutzbau für die mittelalterliche Mikwe in Erfurt

Schutzbau der mittelalterlichen Mikwe in Erfurt

Die Erfurter Mikwe im frühen 14. Jahundert: Ein überwölbter Raum im Keller eines Hauses, unscheinbar von außen, ein kleiner Eingang; innen ist es dunkel, kühl und feucht vom offen im Raum stehenden Wasser. Im Schein einer Öllampe muß man sich gänzlich entkleiden, steigt die Stufen herab zum Wasserbecken und taucht dreimal im kaltem Wasser unter. Eine zutiefst intime Handlung zur Erlangung ritueller Reinheit.

Diese Atmosphäre stellt den gedanklichen Kern des Entwurfes für den Schutzbau der Mikwe dar. Entrückt von dem eigentlichen Raum der Mikwe sollen die rituellen Handlungen in Form und Material interpretiert werden.

Eine bronzefarbene Hülle schützt und konserviert die archäologischen Funde und schafft im Inneren die Atmosphäre des intimen, introvertierten Raumes der Mikwe. Diese wird durch eine sparsame Tageslichtführung im Innenraum unterstützt und gestärkt. Entstanden ist ein Raum, der sich von der strengen Geometrie der vorhandenen Baureste löst. Die erkennbar handwerklich aufgetragenen Bronzeoberflächen hüllen die steinernen Zeugnisse des Mittelalters ein und schaffen einen würdevollen Gesamteindruck.

Schwaches Tageslicht erhellt die baulichen Reste der Mikwe, einzelne Lichtakzente verweisen auf wichtige Details. In die Stille des Raumes dringen nur gedämpft die Geräusche der belebten Freifläche am Kreuzsand.

Um das Interesse des Vorübergehenden zu wecken und dem Suchenden den Weg zu weisen, kehrt sich das bronzene Innere an zwei Stellen nach außen. Eine bronzene Stele erwächst aus dem Dach des Neubaus hinauf in die Freifläche.
Neben der Hinweisfunktion in der Freifläche erlaubt sie den ausschnitthaften Einblick in die Mikwe, ohne dem Innenraum die Intimität zu nehmen. Zugleich wird der Zugang zur Mikwe durch die Ausbildung einer bronzenen Fassade in der neuen Sichtbetonwand markiert, die die ehemalige Ufermauer entlang der Gera zitiert.

Der Schutzbau liegt halb eingegraben am Rand der neu gestalteten Freifläche. Die Uferpromenade, eine Freitreppe, die Pflaster- und Grünflächen generieren einen neuen Ort mit hohen Aufenthaltsqualitäten im Anblick der Krämerbrücke. Die Besucher erreichen alle Ebenen barrierefrei und können die Bezüge zur mittelalterlichen Stadt und dem Wasser der Gera ungestört erleben. Damit ist der Anspruch an ein harmonisches Nebeneinander von Krämerbrücke, Grünraum und der der angemessenen Präsentation der Mikwe erfüllt.

Die Thüringer Landeshauptstadt Erfurt hat sich entschlossen für ihr jüdisches Erbe des Mittelalters den Titel „Unesco-Weltkulturerbe“ anzustreben. Beim Thüringer Staatspreis für Architektur und Städtebau 2012 erhielt der Schutzbau eine Anerkennung.

als gildehaus.reich architekten
Stadt/Gemeinde
Erfurt
Auftraggeber
Stadt Erfurt
Investitionssumme
0,45 Mio €
Leistungsphasen
1 - 8
Bauzeit
07/2010 - 09/2011
BGF
83 m²
BRI
375 m³

Flyer Mikwe (pdf, 1405 Kb)

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